Ermordung von Konzentrationshäftlingen
beim Bahnhof Nammering
Bericht des Bahnbediensteten Heinrich Klössinger
Das war aber vorerst nicht möglich, weil ein vorausgefahrener Wehrmachtstransport zwischen Tittling und Kalteneck die Böschung hinuntergestürzt war. Merbach erklärte, dass er mit dem Transport schon 14 Tage unterwegs sei; er habe aber bloß für drei Tage Verpflegung gefasst, weil gerechnet worden war, dass er auf normalem Wege nach Dachau komme. Wie Merbach sagte, starben täglich Leute am Hungertod und er habe schon 250 Tote in einem Waggon mitgebracht. Ich verwies Merbach an den Ortsbauernführer in Renholding, damit er auch Kartoffeln für die wehrlosen Menschen bekomme.
Ein weiterer Fall:
Ein Häftling verlangte Austreten aus dem Wagen und wurde bei dieser Gelegenheit von einem Posten erschossen, ohne dass irgendein Anlass vorgelegen wäre. Am 19. April wurde bei Nacht ein ganzer Waggon von 45 Häftlingen erschossen. Am nächsten Morgen floss das Blut noch durch den Boden des Waggons. Die Leichen wurden am nächsten Tage 6 Uhr früh aus dem Waggon geworfen; die nur Verwundeten mit Genickschuss getötet oder mit dem Gewehrkolben erschlagen. Tag und Nacht ging das Morden weiter Geschrei und Gejammer war bei Tag und Nacht zu hören. Merbach sah diesen Mordtaten zu, ohne besondere Anordnungen zu geben. Die Zahl der Toten belief sich schließlich auf ungefähr 800 Mann, worauf Obersturmführer Merbach die Beerdigung anordnete. Es wurde ein Kommando von 25 Mann auf- gestellt, um in einer abgelegenen Schlucht ein Grab zu schaufeln. Von dort konnte man dauernd Schüsse hören und es ist anzunehmen, dass jeder Schuss einen Toten gab.
Zwei Waggons von Toten wurden von Häftlingen in die Nähe des Grabes geschoben und die Leichen dann über eine 20 Meter hohe Böschung geworfen. Merbach sah dem grausamen Tun immer zu. So vergingen fünf bis sechs Tage. Am 23. April und 24. April wurde der Rest der Häftlinge in zwei Teilen mit dem Zug nach Pocking abgefahren, von wo er nach Dachau weitergehen sollte. Ich gebe noch eine Beschreibung von zwei Leuten, soweit sie mir bekannt geworden sind: Obersturmführer Merbach: 1,85 m groß, blondes zurückgelegtes Haar, graue Augen, weiße Zähne; besondere Kennzeichen konnte ich nicht bemerken, ein Berliner SS-Scharführer: 1,65 m groß dunkelblondes rechts gescheiteltes Haar, weiße Zähne, langes Gesicht, blaue Augen und ungefähr 30 Jahre alt. Dieser war der roheste unter allen und hat die meisten Misshandlungen gemacht.
Ich versichere, dass meine Angaben der Wahrheit entsprechen.