SS-Transportführer Hans Merbach vor Gericht - Todesurteil
Am 11. April 1947 begann der Kriegsverbrecherprozess in Dachau
Die Amerikaner begannen bald mit der Verfolgung der deutschen Kriegsverbrechen. Es wurden ca 250 tatverdächtige Personen interniert. Man wählte Dachau als Ort des Gerichts. Zwei Jahre nach Kriegsende begannen die Dachauer Prozesse.
Merbach wurde im Buchenwald-Hauptprozess wegen der "Mithilfe und Teilnahme an den Operationen des Buchenwald-Konzentrationslagers", insbesondere wegen seiner Verantwortung für die Todesfälle während des Evakuierungstransportes, am 14. August 1947 zum Tode durch den Strang verurteilt und am 14. Januar 1949 im Kriegsverbrechergefängnis Landsberg hingerichtet.
Hans Erich Merbach, geb 10.Mai 1910 in Gotha, hingerichtet durch Erhängen am 14. Januar 1949 im Kriegsverbrechergefängnis Landsberg.
Merbach war ab Juni 1930 Mitglied der SS. Er wurde ein deutscher SS-Obersturmführer. In Auschwitz war er Kommandeur der Hundestaffel. Nach der Evakuierung des KZ Auschwitz wurde Merbach ab dem 1. Februar 1945 zweiter Schutzhaftlagerführer im KZ Buchenwald. Am 7. April 1945 führte er den Evakuierungstransport aus dem KZ Buchenwald mit etwa 5000 KZ-Häftlingen.
Auf den 12 Kilometern Todesmarsch zum Bahnhof Weimar wurden 71 Menschen ermordet, wobei Merbach selbst zehn Häftlinge erschossen haben soll laut Aussagen von Zeugen.
Vor allem die Verantwortung und von mehreren Zeugen behauptete Mittäterschaft bei den hundertfachen Morden auf dem 21 Tage dauernden “Todestransport” war der Grund für sein Todesurteil.
Schuld waren immer die anderen
Anmerkungen zur Eidesstattlichen Erklärung eines Täters von Hans Hübl
Der verantwortliche Transportführer, der fünfunddreißigjährige Obersturmführer Hans Erich Merbach, versuchte, wie aus seiner Erklärung ersichtlich, durch Weglassen begangener Straftaten und durch gespielte Einsicht seinen Kopf zu retten.
In der folgenden eidesstattlichen Erklärung schildert der SS-Mann Merbach die Umstände des Vernichtungstransportes aus seiner Sicht. Hierbei mischen sich Halbwahrheiten mit bewussten Lügen, Zweckbehauptungen und Weglassungen. Die fünftägige Tragödie von Nammering wird mit keinem Wort erwähnt, obwohl Merbach annehmen musste, dass seine amerikanischen Richter über die Vorgänge genau informiert waren.
Ebenso lässt sich denken, dass der SS-Täter auch andere Gräueltaten aus Angst vor Strafe bewusst verschwieg. Von geständiger, ehrlicher Reue ist auch angesichts des Todes wenig spürbar.
Seine "Täter-Karriere" führte ihn schon mit zwanzig Jahren zur SS (Sturm-Staffel). Ob bei der Diensthunde-Staffel, in der die Tiere auf Menschen abgerichtet wurden, oder im Massen-Vernichtungslager Auschwitz, immer war Merbach dort, wo die Menschenrechte nichts mehr galten, und Folter und Mord den Tagesablauf bestimmten.
Auch die am Ende seiner Aussage aufgeführten Punkte, wer denn eigentlich für den Todestransport die Verantwortung trage, zeigt die fehlende Einsicht in eigene Schuld deutlich auf. Im letzten Satz seiner Erklärung entlarvt sich Merbach ungewollt durch eine Fehlleistung, indem er ein Wort korrigiert, mit dem Ergebnis, dass er "seine Meinung", die Gefangenen zu vergasen, als das größte Verbrechen der Menschheitsgeschichte bezeichnet.
Der Transportführer Merbach wurde 1947 im Buchenwald-Prozess zum Tode durch den Strang verurteilt. Seine Frau besuchte daraufhin den Ort des Verbrechens in Nammering, um Unterstützung für ein Gnadengesuch zu erbitten.
Dem Pfarrer von Aicha erzählte Frau Merbach, dass sich ihr Mann während der Haft gewandelt habe und bereue. Pfarrer Bergmann schrieb daraufhin an das Militärgericht ein "warmes Befürwortungsgesuch".
1949 wurde der SS-Mann Merbach in Landsberg am Lech hingerichtet.
Hans Hübl
Eidesstattliche Erklärung von Hans Merbach (Klick zum Lesen)
Ich, Hans Erich Merbach, schwöre, sage aus und erkläre wie folgt:
"Ich wurde am 10. 5. 1910 zu Siebleben bei Gotha geboren. Ich besuchte in Siebleben acht Jahre die Volksschule, wurde aus der 8. Klasse entlassen und anschließend drei Jahre die Fortbildungsschule. 1924 trat ich in die Lehre bei der Maschinen- Firma Kloebner bei Gotha ein und erlernte dort das Schlosserhandwerk. Nach Beendigung der Lehrzeit war ich dort selbst noch ein halbes Jahr, noch als Junggeselle, und bewarb mich später bei der Gothaer Lebensversicherungs-Bank in Gotha. 1928 trat ich als Bürobote der Lebensversicherungs-Bank in Gotha ein, wo ich bis zu Beginn des Krieges 1939, später als Bankangestellter, tätig war.
Am l. Juni 1930 trat ich in die SS ein und am l. Juni 1931 in die Partei. Soweit ich mich erinnern kann, war meine SS-Nummer 3120, Partei-Nr. 259233. In Gotha geboren, gehörte ich zur 14. SS-Standarte als SS-Mann. Der letzte Rang in der Allgemeinen SS war Untersturmführer. Zu Beginn des Krieges 1939, am 15. September, wurde ich zur Waffen-SS nach Berlin Oranienburg einberufen.
Im Dezember 1939 wurde ich von Berlin-Lichterfelde aus nach Buchenwald versetzt. Damals war ich noch Unterscharführer.
In Buchenwald war ich zunächst als Unterscharführer tätig und wurde im Mai 1940 nach Ablegung einer Prüfung zum Untersturmführer befördert. Als Untersturmführer kam ich zum Wachblock und versah dort die Geschäfte des Adjutanten. Das war 1940. Ich blieb beim Wachblock als Adjutant bis etwa 12. Mai 1941 und kam auf Grund einer Herzmuskellähmung ins Lazarett nach Weimar und Gotha und war bis Dezember 1941 zu Hause.
Im Januar 1942 kam ich nach Buchenwald zurück und wurde dort mit der Führung der 2. Wachkompanie beauftragt, die ich bis Anfang Mai 1942 führte. Auf Befehl des Oberführer Pister musste ich an einem Offizierslehrgang bei der Heereshundeschule Berlin- Sperenberg teilnehmen und kam im September 1942 nach Buchenwald zurück.
Dort blieb ich bis zum Ende des Jahres 1942 und wurde im Januar 1943 nach Auschwitz versetzt, um die dortige Staffel, welche ein Major der Polizei führte, zu übernehmen. Ich blieb in Auschwitz bis etwa 10. Januar 1945 und kam, nachdem ich meine Diensthunde- Abteilung in Berlin übergeben hatte, am 31. Januar 1945 nach Buchenwald zurück. In Buchenwald wurde ich am 2. Februar vom Kommandanten Pister in das Schutzhaftlager, angeblich als 2. Lagerführer, kommandiert. Ich war also vom 2. Februar bis 6. April 1945 in Buchenwald tätig. Am 7. April musste ich auf Befehl von Oberführer Pister einen Transport von Häftlingen (4480 Mann) über Flossenbürg nach Dachau bringen.
Die historische Entwicklung der Bewachungsmannschaften in den K.Z. war folgende:
- Von 1933 bis 1935 unter dem Kommando von Kicke, Wachver- band Dachau
- von 1935 bis 15. September 1939 Totenkopfstandarten unter Kicke
- vom 15. September 1939 bis Juni 1941 Wachblock K. Z. unter Glücks
- von Juni 1941 bis Dezember 1941 Wachsturmbanne K.Z. unter Glücks
- von 1942 bis 1945 Totenkopfsturmbanne K.Z. unter Glücks als Chef der Amtsgruppe D und Pohl als Chef des W. V. H. A.
Die in jedem Lager bestehende Lagerordnung regulierte vollkommen das Leben der Gefangenen im K.Z. Die Lagerordnung enthielt Bestimmungen über die Bewachung, über die Sicherung des Lagers, über den Postenwechsel, über das Verhältnis von Bewachungsmannschaften und den Häftlingen, Bestimmungen über Häftlingsbestrafungen bei Disziplinarvergehen und die Rechte und Pflichten der Bewachungsmannschaften. Die l. Lagerordnung wurde seinerzeit von Kicke für das Lager Dachau entworfen und wurde später als Muster für die anderen K.Z. verwendet. Im Falle Buchenwald wurde die Lagerordnung von Koch im Januar 1937 abgefasst, wurde von Pister übernommen und blieb in Kraft bis zur Auflösung des Lagers.
Als die K. Z. 1942 unter Pohl kamen, kam eine Verordnung vom W. V. H. A., gezeichnet Pohl, die eine Abänderung des Häftlings- einsatzes beinhaltete. Pohl instruierte die K. Z. dahingehend, die Häftlinge voll und ganz für die Rüstungsbetriebe auszuwerten und nach Möglichkeit die Häftlinge für Arbeiten zu benutzen, die wichtig für die Rüstungsindustrie und für die Wirtschaftsbetriebe der Amtsgruppe W waren. Es gab keinerlei Befehle Pohls, die Lagerordnung dahin zu ändern, die Strafen abzuschaffen oder das Leben der Gefangenen zu erleichtern. Pohl als Chef des W.V.H.A. hatte alle Möglichkeiten und Rechte dazu.
Am 7. April bekam ich den Auftrag vom Kommandanten Pister, einen Transport mit 4480 Häftlingen von Buchenwald nach Flossenbürg zu bringen (per Bahn). Ich weiß, dass ein Teil der Häftlinge meines Transportes zu Fuß vom Außenlager Ohrdruf, welches ca. 90 km von Buchenwald entfernt ist, nach Buchenwald marschieren musste und dass ein Teil von ihnen bereits zu Beginn des Transportes nicht transportfähig war. Mir ist nicht bekannt, dass die Häftlinge vor dem Transport vom Lagerarzt untersucht wurden.
Die Häftlinge mussten erst von Buchenwald 9 km zum Bahnhof Weimar marschieren. Dort wurden sie auf Lastwaggons verladen, von denen der größte Teil geschlossene Waggons waren, aber auch ein kleiner Teil von offenen Waggons darunter war. Ich bekam für diesen Transport pro Häftling folgende Ration mit: pro Mann eine Handvoll gekochter Kartoffeln, 500 Gramm Brot, 50 Gramm Wurst und 25 Gramm Margarine. Ich bekam kein Wasser als Ration für diesen Transport mit. Es ist meine Überzeugung, dass diese Ration für den auf 24 berechneten Transport ungenügend war und es wäre die Aufgabe des Lagerkommandanten und des Verwaltungsführers gewesen, mir mehr Lebensmittel zur Verfügung zu stellen.
Nach fünfstündiger Fahrt wurde ich davon verständigt, dass Flossenbürg bereits in amerikanischen Händen ist und daher mein Transport nach Dachau umgeleitet werden musste. Am 2. oder 3. Tag hielten wir in Zeitz in Sachsen und von dort aus rief ich das Lager Buchenwald an, um mehr Lebensmittel für die Gefangenen zur Verfügung gestellt zu bekommen. Ich sprach telefonisch mit dem Verwaltungsführer Barnewald und forderte von ihm die notwendige Verpflegung an. Barnewald gab mir zur Antwort, dass sich im Lager Buchenwald kein Brot mehr befinde und auch der Transport durch Tieffliegerangriffe sehr erschwert gewesen wäre.
Barnewald erklärte, dass ich selbst sehen müsste, Lebensmittel für meinen Transport aufzutreiben. Am 4. Tag kamen wir nach Dresden und es war mir in der Zwischenzeit nicht möglich gewesen, für die Gefangenen Lebensmittel herbeizuschaffen. In Dresden hatten wir bereits die ersten Todesopfer. Ein bei dem Transport anwesender Häftling, der Arzt war, erklärte mir, dass die Gefangenen an Entkräftigung gestorben wären. Von Dresden aus wurde der Zug durch tschechoslowakisches Gebiet, Aussig-Pilsen, weitergeleitet. Am 10. Tag der Reise trafen wir in Pilsen ein. In Pilsen angekommen, hatte sich die Zahl der Toten schon bedeutend erhöht. In fast jedem Waggon hatte ich ein oder zwei Tote zu verzeichnen.
Die Häftlinge selbst sahen körperlich mehr als schlecht aus. Dadurch, dass die Häftlinge nur eine Decke, zum Teil auch keine mithatten und die Temperatur im April sehr verschieden, die Nächte sehr kalt und am Tage oftmals warm waren, wurden die Häftlinge krank. Es war keinerlei ärztliche Betreuung auf diesem Transport vorgesehen, ich hatte keine Sanitäter mit. Ich hatte nur einen Häftlingssanitäter mit einer Arzthilfetasche für die 4480 Häftlinge zur Verfügung.
Die kranken Häftlinge blieben auf dem Transport und wurden von dem Häftlingssanitäter betreut. Ich veranlasste, dass die verstorbenen Häftlinge durch die Polizei in Pilsen abgeholt wurden und machte Eintragungen über ihren Abgang in mein Dienstbuch. In Pilsen gelang es mir, bei der dortigen Heeresverpflegungsstelle etwa 3000 Brote und dasselbe an 3000 Stückchen Käse zu bekommen. Das war die erste Verpflegung, die ich den Häftlingen am 12. Tag der Reise geben konnte.
Der Transport ging weiter nach Deggendorf (der sechstägige Aufenthalt in Nammering mit 794 Toten wird von Merbach verschwiegen! (Anmerkung der Redaktion) und über Passau, Mühldorf nach München und von München nach Dachau. In Dachau kam ich am 21. Tag der Reise an.
In Dachau war ich nochmals in der Lage, etwas Essen zu bekommen und ich ließ aus 20 Zentnern Kartoffeln und Suppenwürfeln für die Häftlinge eine Suppe zubereiten. Ich bin mir darüber im Klaren, dass die Suppe fast keinerlei Nährwert gehabt hat. Dies war die zweite Verpflegung, die ich für die Häftlinge auf dieser 21tägigen Reise herschaffen konnte.
Die Häftlinge befanden sich, als wir hier ankamen, in einem mehr als bedauernswerten Zustand, halb verhungert und einfach hoffnungslos und ineinander gehakt schleppten sich die Gefangene, die noch gehen konnten, ins Lager. Die Häftlinge, die nicht mehr im Stande waren zu gehen, wurden später von Dachau-Häftlingen ins Lager gebracht. Ich schätze, dass auf diesem Transport 500 Häftlinge gestorben sind. Ich weiß, dass ein Teil der Leute krank war und machte den Obersturmführer, der den Transport hier in Dachau übernahm, auf diese Tatsache aufmerksam. Meiner Ansicht nach sind für diesen Transport folgende Dienststellen des WV.H.A. verantwortlich
- die Stelle, welche den Transport angeordnet hat,
- die Stelle, welche die Transportmittel zur Verfügung gestellt hat,
- die Stelle, welche die Verpflegung für diesen Transport hätte herschaffen müssen,
- die Stelle, welche die ärztliche Betreuung der Häftlinge unter sich hatte
Da mir die nähere Amtsbezeichnung dieser Ämter nicht bekannt ist, umschreibe ich sie in dieser Form."